Lord Shiva

 

Lord Shiva

 Shiva bedeutet schlicht „der Gütige“, „der Freundliche“, oder „der Gnadenvolle“ und ist lediglich die alte Sanskrit-Bezeichnung für das grundlegende Mysterium, das unser Sein ausmacht. In den Augen seiner Anhänger, der Shaivas ist Shiva das Universum und das Selbst, das in allen Dingen west. Seiner Meditation entspringen die Welten, die wir Wirklichkeit nennen.
 
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In Nordindien ist es besonders das Bild Shivas als Shankar (oder Shankara), als der Meditation versunkene Asket, der einem auf Wänden, Batiken, Postkarten und in plastischen Darstellungen auffällt. Der mit Asche beschmierte, weißhäutige Shankar sitzt inmitten einer eisigen Berglandschaft, in absoluter Versunkenheit, so ruhig wie ein steinernes Linga. Im Gegensatz dazu findet man, besonders in Südindien, die Ikone des Nataraja (Shiva als König der Tänzer), der den Takt des Lebens mit seiner Handtrommel (Damaru) schlägt und im Feuerring den ewigen, harmonischen Tanz des Universums tanzt. In der Gegenüberstellung der beiden Ikonen finden wir einen archetypischen Gegensatz. Auf der einen Seite den Norden: Eis, Stille, Rückzug (Nivritti), Versenkung, Bewegungslosigkeit, Asche. Auf der anderen Seite den Süden: Hitze, Flamme, Bewegung, Ekstase, das Werden (Pravritti), Trommeln und Tanzen.
Als Herr der Berge (Girisa) sitzt Shankar, der Yoga-Gott unbewegt, in tiefer Meditation auf dem Gipfel des Berges Kailash, im ewigen Eis des Himalaya, was absolut reines Bewußtsein bedeutet. Der Zustand der Meditation, den Shivas Haltung zeigt, birgt tiefe Symbolik, da Meditation das letzte Tor zur Selbstverwirklichung ist. Um Gott zu verwirklichen, ist es unerläßlich zu meditieren. Er träumt das Weltall und alles, was darin enthalten ist. Die Haut seines kräftig gebauten Körpers ist so weiß wie der Schnee der Eisberge, die ihn umgeben. Er ist das Bild der völligen Gelassenheit und Stille. Alle Feuer der Leidenschaft sind ausgebrannt. Jeder äußere Tatendrang ist erloschen. Alles ist reine weiße Asche. Doch wenn man seine straffen Muskeln sieht, ahnt man, dass er jederzeit zur Tat schreiten könnte. Er ist die ruhende, gesammelte Kraft selber. Sein wildes, verfilztes Haar ist auf dem Kopf aufgetürmt und endet in einem Knoten, den eine kleine Kobra umschlängelt. „Filzhaariger“ (Dhurjati) und „Träger der Filzhaare“ (Jatadbari) wird er ganannt Ein Strahl Wasser springt im hohen Bogen aus seinem Haarknoten. Es ist der Ganges, der im Himmel entspringt und durch die Locken des Gottes auf die Erde herabfließt.

Rechts über der Stirn trägt Shankar die hauchdünne Mondsichel als Diadem im Haar. Die gelehrten Pandits weisen schnell darauf hin, daß der Mond mit Messen und Denken zu tun hat, mit dem meßbaren Wandel der Zeit und dem Spiel der Gedanken. Die Mondsichel ist aber auch die Schale, die den kostbaren Trank der Unstewrblichkeit (Amrita), das Soma, enthält, das wir aus der eurpäischen Mythologie als Met (Sanskrit Madhu) oder als Ambrosia kennen. Am Soma berauschen sich die Götter, Seher und Dichter, und konnten so in die tiefen Mysterien des Lebens schauen.

Auch Shankaras andere Schmuckstücke sind voller Bedeutung. Er trägt giftspeiende Kobras als Halsband, Arm- und Kopfschmuck, denn in seinem Inneren hat er verdrängte Giftigkeit und Tücke überwunden. Die Giftnattern schleichen nicht mehr unerkannt durch die dunkelsten Winkel der Seele, wie es bei vielen äußerlich „anständigen“ Menschen der Fall ist. Shivas Schlangen sind die äußeren Zeichen seiner Würde. Die Rudraksha-Malas, die Shankars Haarknoten, Hals, Gelenke und Oberarme schmücken, sind Siegestrophäen. Sie sind eigentlich die geschrumpften Köpfe seiner Feinde, die er vertrocknen und schrumpeln lässt und sie dann als Perlen seiner Gebetskette auffädelt. Er ist Kapamalin, der „Träger der Schädelkette“.

Seine Anhänger tun es ihm gleich und tragen die Rudraksha-Malas als Zeichen überstandener Auseinandersetzungen mit den Dämonen des Egoismus, des Hasses, der Angst, der Gier, des Geizes oder wie auch immer die Feinde der Selbsterkennung heißen mögen. Nur wem es gelungen ist, diese Dämonen in der Hitze der Bußübungen (Tapas) und im Licht der Erkenntnis in geistigen Schmuck umzuwandeln, darf sich anmaßen, diese Nüsse des Ganiterbaumes zu tragen.

Das Tigerfell symbolisiert vollständige Meisterung von Ärger. Die Elefantenhaut, die er trägt, versinnbildlicht, dass alle animalischen Impulse unter Kontrolle gebracht werden können. So erhebt sich Shiva und meistert jegliche manifestierte Kraft.

Der Dreizack (Trisula), eine Waffe mit drei Zacken also, symbolisiert die Zerstörung des Egos zusammen mit seiner dreifältigen Wunschnatur in Zusammenhang mit dem Körper, Gemüt und Intellekt. Shiva mit seinem Dreizack weist auf den Sieg über das Ego, was zur Vollkommenheit führt. Die drei Zacken repräsentieren die drei Eigenschaften (Gunas): Sattva (rein, klar), Raja (aktiv) und Tamas (dumpf, träge und unbewegt); die drei Schöpfungsphasen: Erschaffung, Erhaltung, Zerstörung; sowie die drei Zustände: Jagrat (Wachsein), Swapna (Traumphase) und Sushupti (Tiefschlaf). 

Die drei weißen Aschestreifen, die waagrecht auf Shankars Stirn verlaufen, sind – neben ihrer Symbolhaftigkeit für die göttliche Dreiheit – die Aschstreifen, mit denen sich Shiva schmückte, nachdem er die angeblich uneinnehmbaren drei Burgen (Tripura) mit seinem Feuerblick vernichtet hatte, die die drei Verschmutzungen von Egoismus (Anava), berechnendes Handeln (Karma) und Wahn (Maya) darstellen.

Shiva Shankara

Shiva Shankara

Shivas Hals, mit drei Aschestrichen, einer Brillenschlange und Rudrakshanüssen geschmückt, ist von blauer Farbe. Diese Tatsache brachte ihm den Namen Blauhals (Nilakanta) ein, weil er das Gift trank, das drohte, die Welt zu zerstören, als die Götter und Dämonen den Milchozean aufwühlten, um den Nektar zu gewinnen. Das Gift machte Halt in seinem Hals und blieb dort, wodurch die äußere Welt und auch Shiva selbst gerettet wurden. Aber das Gift färbte seinen Hals blau.

Shiva repräsentiert das Ideal höchster Entsagung, die aus Gottverwirklichung entsteht. Shivas mächtige Trommel und göttlicher Tanz sind eine Quelle der Inspiration und drängen die Menschheit zu spiritueller Entfaltung und Vervollkommnung. Swami Vivekananda, ein sehr respektierter Swami Indiens, sagte über Shiva: „O Indien, vergiß nicht, daß der Gott, den du verehrst der große Asket der Asketen ist, der all-entsagende Shankara!“ 

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Die Trommel (Damaru) repräsentiert Ton, Alphabet, Grammatik, Sprache und den gesamten Bereich der sakralen und weltlichen Künste und Wissenschaften. Die Trommel in seinen Händen bedeutet, daß die gesamte Schöpfung, einschließlich der Künste und Wissenschaften, aus seinem göttlichen Willen entstanden sind, bzw. lediglich ein Spiel von ihm sind. Zuerst trommelt Shiva, dann tanzt er als Nataraja den Tanz des Universums.

Ein anderer Aspekt Shivas „Dakshinamurti repräsentiert den Weltenlehrer. Eine der Eigenschaften, die Shiva verkörpert, ist Selbsterkenntnis (Jnana). Als Gott aller Studierenden, Gelehrten und Sucher der Weisheit und Erkenntnis, ist er das Modell eines perfekten Gurus.

Shiva, der Nataraja, steht in der Tanzkunst über all den Göttern; er ist Meister der 108 Tanzformen. Die heiligen Schriften beschreiben neun der Tanzarten des Nataraja als sehr berühmt. Das Nataraja-Bildnis zeigt Shiva mit vier Händen und zwei Beinen in Tanzposition stehend. Er hält eine Trommel (Damaru) in der oberen rechten Hand und Feuer in seiner linken. Die untere rechte Hand befindet sich in der Stellung des „Abhaya-Mudra“ (schutzgebende Geste und Zeichen von Furchtlosigkeit). Die linke Hand weist auf den erhobenen linken Fuß. Sein linker Fuß steht auf dem Kriegsfisch-Dämon, Apasmara Purusha. In der Regel wird diese bildliche Darstellung von einem Feuerkreis umgeben. Shiva tanzt jeden Abend, um die Leiden von Geschöpfen zu lindern und um die Götter zu unterhalten, die sich am Kailash-Berg einfinden. Shivas Tanz symbolisiert einen unaufhörlichen Prozeß von Schöpfung, Erhaltung und Zerstörung. Die Trommel repräsentiert den Schöpfungston und das Feuer (Pralayagni) versinnbildlicht die Flammen, die am Zeitenende die Welt zerstören. Seine anderen zwei Hände, die Segen, Wohltaten und Schutz gewähren, wenden sich an die Anhängern und ermuntern sie, Schutz zu den Füßen des Herrn zu suchen. Wer sich vollständig überantwortet, hat nichts zu befürchten. Der Dämon, auf dem Shiva steht, symbolisiert die Unwissenheit, die uns unser Gleichgewicht und Bewußtheit verlieren läßt. Shivas Tanz führt uns zu einem Himmel der Seligkeit, in dem sich das Ego auflöst und wir Frieden finden. In seinem „Tandava„-Tanz zerstört Shiva den Dämon der Unwissenheit zum Wohle der Anhänger, die sich ihm ganz hingeben. In jedem Herzen tanzt er. Shivas Tanz repräsentiert den Herzschlag. Er wird auch „Chidamabaram“ genannt, was heiliger Raum im Herzen bedeutet. 

Der Lingam, ein Symbol von Energie und Fortpflanzung, steht für Shivas Kraft der Zerstörung. Menschen beten zu Shiva für Produktivität und Wachstum. Er manifestiert alle Tugenden, sowie Kräfte und repräsentiert die Eigenschaft, die „Tamas“ (Dunkelheit, Trägheit, Bewegungslosigkeit) genannt wird. 

Linga bedeutet Symbol. Der Shiva-Linga symbolisiert Shiva mit Gestalt als auch in seinem formlosen Aspekt. Die Form des Lingas repräsentiert Shivas Gestalt. Die Abwesenheit eines Kopfes und von Gliedmaßen weist auf seinen formlosen Aspekt. Shiva ist auch bekannt als eine Gestalt, die aus einem Linga hervorgeht (Lingodbhavamurthi). Als Symbol steht der Linga in direkter Verbindung mit dem Absoluten. Er symbolisiert die Form von Licht und Kraft. Viele halten die Verehrung Shivas in Form eines Lingas für die beste. 

Ein Shiva-Linga besteht aus drei Teilen. Der unterste Teil ist quadratisch, der mittlere achteckig, der dritte zylindrisch und erhebt sich über den Sockel. Der Shiva-Linga ist so angebracht, daß eine Hälfte in der Erde eingebettet liegt, während die andere über der Oberfläche verbleibt. Der über der Oberfläche erscheinende Teil repräsentiert die manifestierte sichtbare Welt der Vielfalt (Shakti). Die unter der Oberfläche sitzende Hälfte stellt die unsichtbare Grundlage dar, die die obere Hälfte trägt und die unmanifestierte höchste Realität (Shiva) symbolisiert. 

Die verschiedenen Linga-Arten umfassen: das Svayambhu-Linga, der natürlich entsteht; der Bindu-Linga, auf den eine Person meditiert; der Pratishta-Linga, der mit entsprechenden Mantren installiert wird; der Caram, auch Abhyatmika genannt und der Duru-Linga, der Shiva selbst versinnbildlicht. Die Verehrung verschiedener Lingas bringt unterschiedliche Ergebnisse.

Literaturtipp: Wolf-Dieter Storl: SHIVA (Der wilde, gütige Gott), Koha Verlag, ISBN:3-929512-90-4

2 Antworten

  1. Dies ist die bekannt Hinduistiche Sicht Shivas , Seit 1936 erst
    erklärt Shiva sich selbst und denn Rest…….Om Shanti

    Dies ist das spannendste Thema der Welt und auf jeden Fall vielen Dank für Deine schönem Beiträge.

    Für mich ist die höchste SEELE Shiva schon allein dadurch glaubwürdig das sein Wissen Anfangs so absurdt erscheint
    das es einfach so wahr sein muss alles andere gehört zum grossen Spiel er bleibt immer “ er „……

  2. Vielen Dank, Brahmane. Es freut mich, dass dir die Beiträge auf meiner Seite gefallen 🙂

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